Am besten stellst du dich darauf ein, dass Trauer deine Firma oder Organisation die nächsten 12-24 Monate beeinflussen wird, obwohl die Dauer eines Trauerprozesses stark variieren kann.
Viele Trauernde genießen die „Trauerpause“ am Arbeitsplatz, wenn das Ambiente stimmt und sie keine Angst vor der nächsten Welle an Emotionen haben müssen. Aber wie kann das gelingen?
Sei präsent
Du kannst den Verlust deines*deiner Kolleg*in nicht weniger schmerzhaft machen, egal was du sagst. Emotionen wollen durchlebt werden. Das kannst du leider niemandem abnehmen. Auch die vermeintlich richtigen Worte können den Schmerz nicht lindern. Aber deine Anwesenheit kann die Last vielleicht ein bisschen leichter machen. Sei bereit, Schweigen oder intensive Gefühlswellen auszuhalten.Vermeide Floskeln
„Mein Beileid“ oder Beschwichtigungen und sei achtsam mit deinen Worten. Versuche ehrliche Anteilnahme zu signalisieren „Meine Gedanken sind bei dir und deiner Familie.“
Gar nichts zu sagen, aus Angst etwas Falsches zu sagen, ist keine gute Option, da viele Trauernde das als Desinteresse und Rückzug werten und ohnehin mit gefühlter Einsamkeit zu kämpfen haben. Wenn du nicht weißt, was du jemandem in Trauer sagen sollst, dann sag ihm genau das: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll."
Trauer kommt oft in Wellen.
Die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit eines trauernden Menschen kann daher stark schwanken. Eine Trauerwelle kann sich in einem Tränenausbruch oder auch in einem unbemerkten Konzentrationsverlust äußern. Eine Priorisierung der To-Dos, eine Vertretungs-Regelung sowie ein Codewort, ein Zeichen oder eine Geste für „Ich kann gerade nicht weitermachen“, können hilfreich für plötzliche Arbeitsausfälle sein. Trauer ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die körperlichen Stress und Schmerz auslöst und individuelle Reaktionen hervorruft. Typischerweise gibt es drei stark vereinfachte Reaktionsmuster, die sich auch abwechseln oder ergänzen können:
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Vermeider*innen reagieren oft mit Ablehnung und Verdrängung. Sie wollen den Verlust nicht wahrhaben und sperren sich dagegen.
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Handler*innen reagieren meist mit Aktionismus. Sie müssen ständig etwas tun, weil sie die Ohnmacht kaum aushalten.
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Fühler*innen reagieren vorwiegend emotional. Sie sprechen offen über ihre Emotionen und lassen ihren Gefühlen freien Lauf.
Trauer stellt die Welt auf den Kopf
Egal wie dein*e Kolleg*in auf den Trauerfall reagiert, ein Verlust lässt einen in der Regel an vielem zweifeln, was vorher selbstverständlich war. Menschen, die einen Todesfall erleiden, werden oft nachdenklicher und entwickeln andere Prioritäten im Leben. Sei nachsichtig, wenn die Motivation für das gemeinsame Projekt zeitweise etwas leidet und versuche Verständnis für Veränderungen bei deinem*deiner trauernden Kolleg*in zu entwickeln. Vielleicht haben seine*ihre Erkenntnisse ja auch eine positive Auswirkung auf die Unternehmenskultur oder Unternehmensstrategie?
Kleine Trauerknigge für den Arbeitsplatz
Trauer ist so individuell wie jede menschliche Beziehung. Daher ist es am besten, wenn du die trauernde Person einfach direkt fragst, wie sie sich den Umgang am Arbeitsplatz wünscht. Hier sind einige hilfreiche Fragen:- Was würde dir gerade guttun? Es ist ok übrigens, wenn du es nicht weißt.
- Welche Aufgaben traust du dir gerade zu und welche sollte lieber zunächst jemand anderes übernehmen?
- Was wünschst du dir von uns als Reaktion, solltest du mal in Tränen ausbrechen? Sollen wir einfach die Taschentücher rüberschieben, oder würde dir eine Umarmung helfen?
- Sollen wir ein Codewort, Handzeichen oder Emoji ausmachen, damit wir wissen, wenn du gerade nicht mehr kannst und jemand z.B. im Meeting spontan einspringen soll?
Generell:
- Seid nicht nachtragend, wenn sich die trauernde Person zurückzieht.
- Ladet Sie trotzdem immer wieder zum Mittagessen und anderen Events ein, auch wenn häufig Absagen kommen.
- "Meld dich wenn du was brauchst" ist vielleicht ernst gemeint, aber die wenigsten trauernden Menschen würden das tun. Daher sei proaktiv und biete konkrete Hilfestellung nach dem Motto: "Ich habe Mittagessen für 2 mitgebraucht, willst du später mit mir essen?"
Übrigens:
Bedürfnisse können sich im Laufe eines Trauerprozesses immer wieder verändern. Am besten sprecht ihr offen eure Beobachtungen und Bedürfnisse an und bleibt darüber auch im Austausch.
Das ist einer von unseren (für den Blog leicht angepassten) 108 Gedenkimpulsen für eine gesunde Trauerverarbeitung.